Leibhaftig - Der Körper zwischen Lust und Schmerz

13.06.2014 09:59

Guido Renzi 1606/07

Über die Jahrhunderte hinweg schildert die Kunst den Körper als Medium, an dem sich äußere wie innere Kräfte abzeichnen, die ihn aufbauen in der Lust oder auflösen im Schmerz. Nicht von ungefähr sind es die zerstörerischen Gewalten und Ereignisse des frühen 20. Jahrhunderts, die das Bild des menschlichen Körpers in Malerei und Skulptur fragmentieren. Anlass der Ausstellung im Arp Museum Bahnhof Rolandseck ist der 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs. In seinem Themenjahr "Menschliche Dimensionen" möchte das Museum in Remagen die Schrecken jener ersten globalen Katastrophe nicht im großen Kriegs-Panorama, sondern mit Blick auf den Menschen selbst erfahrbar machen. 36 Skulpturen und Gemälde aus der Sammlung Rau für UNICEF, ergänzt durch Leihgaben internationaler Sammlungen, illustrieren den Körper in Lust und Schmerz im Wandel der letzten 2000 Jahre.

 

Als Akt (actus: handeln) zieht der altertümliche Kunstprotagonist in Gestalt antiker athletischer Heroen wie Herkules in den Kampf. Nackt, nur mit der Keule bewaffnet, bezwingt er seine Feinde. Aktiv stellen auch alttestamentarische Helden wie Judith und David ihren Körper zur Schau. Doch halten sie sich bedeckter und erringen ihre Siege mit Klugheit und Anmut. In Christus und den Heiligen verkörpert sich dagegen der passive Held, der in seiner mutigen Opferbereitschaft Vorbild ist. Klaglos ertragen sie Kreuz und Folter und geben den Menschen Kraft, ihr Leid zu erdulden. Ihr irdischer Leib ist ihnen nur Hülle, die sie mit dem Tod abstreifen, um ins jenseitige Himmelreich einzugehen. Doch in ihren Knochen, den Reliquien, bleiben sie im Diesseits gegenwärtig. Die in ihnen verbliebene Kraft vermag sogar andere zu heilen. Aufklärung und anatomische Wissenschaft rücken mehr und mehr den säkularisierten Körper in die Öffentlichkeit.

Und die Kunst des 19. Jahrhunderts wird dann, auch unter Brechung herkömmlichen Tabus der Körperdarstellung, die unbändige Lust am Körper feiern. "Der Mensch ist nichts anderes, als wozu er sich macht", wie Jean-Paul Sartre einst feststellte. Mit den Skulpturen von Berlinde de Bruyckere und dem gehäuteten Bartholomäus, einer vergoldeten Silberskulptur von Damien Hirst, wird einmal mehr deutlich, welche Dimension das Thema bis in die heutige Zeit hat: Mit der Geste eines römischen Imperators hebt der Heilige seine Marterwerkzeuge empor und trägt die ihm abgezogene Haut über der Schulter. Tortur und Tod sind besiegt. Triumphierend steht er vor uns.

Die Ausstellung der Kunstkammer Rau »Leibhaftig. Der menschliche Körper zwischen Lust und Schmerz«, läuft noch bis zum 25. Januar 2015, in der Landes-Stiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen.

www.arpmuseum.org

 

Zurück