Näher dran am puren Nackten mit Lucian Freud

20.09.2017 12:35

Berühmt wurde Lucian Freud vor allem für seine Porträts, in denen er sich Menschen und Tieren mittels einer fast wissenschaftlichen Beobachtung näherte.Jetzt zeigt der Berliner Martin-Gropius-Bau in der Ausstellung "Closer" 51 Radierungen Freuds - eine Technik, der sich der 2011 verstorbene britische Maler und Enkel Sigmund Freuds erst in seinem Spätwerk ab 1982 verstärkt zugewandt hatte. Die Radierungen hätten es Freud erlaubt, seine "Bestandsaufnahme des Körpers" noch einmal zu intensivieren und noch näher an sein Objekt heranzukommen, ist im Pressetext zur Ausstellung zu lesen. Jede Ader, jede Hautfalte, jeder noch so kleine Makel, alles Intime liegt in seinen radikal-realistischen Bildern gnadenlos offen. Aber es ist die Art, wie er die Menschen sah. „Zu den aufregendsten Dingen gehört, durch die Haut hindurchzusehen, bis zum Blut, zu den Venen und Narben.“

 

Lucian Freud (1922-2011), geboren in Berlin, ist einer der bedeutendsten Künstler Großbritanniens. 1933 wurde er, der Enkel Sigmund Freuds, gezwungen, mit seiner Familie aus Deutschland nach England zu fliehen. In den 50er-Jahren gelangte Lucian Freud dann zu einer Position als Maler, die sich von der vorherrschenden Abstraktion durch ihr entschiedenes Festhalten an der Figürlichkeit unterschied. Seine figurativen Arbeiten gehören zu den Meisterwerken des 20. Jahrhunderts und seine Gemälde werden für über 50 Millionen Dollar gehandelt.

Erstmals werden in seiner Geburtsstadt nunmehr einige seiner faszinierenden und intensiven Radierungen gezeigt. Der Künstler erarbeitete seine Bilder aus der engen Beobachtung von Menschen. Seine Porträts sind Beispiele intensiver analytischer Betrachtung und zugleich bewegende Studien der Vergänglichkeit. Sie sind ungeschönt. Jede Falte, jede Narbe, jede Unregelmäßigkeit der Haut und jede Lebensspur hält er fest. Alle Arbeiten wurden von der UBS Art Collection für Berlin ausgeliehen.

War Freuds Arbeit zuerst vom Surrealismus beeinflusst, so entwickelte er in der Folge einen eher bohrenden, forschenden Blick in die Tiefe des Materials, das für ihn die menschliche Haut und das Fleisch darstellen. Die meisten seiner Modelle, denen er sprichwörtlich auf die Pelle rückte, kamen aus seinem engsten, persönlichen Umfeld. Der für die Berliner Ausstellung passende Titel 'Closer' bezieht sich dementsprechend auf die bisweilen anstrengende Nähe gegenüber seinen Models und dem mehr forschenden, sezierenden, als voyeuristischen, narzisstischen, ästhetisierten Blick, welcher die heutzutage vorherrschende Kunstauffassung der digitalen Postmoderne dominiert.

Die besonders sehenswerte Ausstellung "Lucian Freud: Closer" im Martin-Gropius-Bau in der Niederkirchnerstr. 7, in 10963 Berlin, ist noch zu bewundern bis 22. Oktober 2017. Öffnungszeiten sind Mo + Mi - So 10 - 19 Uhr, der Eintritt kostet 10.-€, ermäßigt 7.-€. 

 

 

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