Wie bringt man(n) Frauen zum Orgasmus?

21.12.2011 13:21

Orgasmus der Frau

Was wie die Einleitung zu einem schlechten, sexistischen Witz klingt, haben Wissenschaftler um Barry Komisurak von der Rutgers University in New Jersey nun mit dem Bild gebenden Verfahren der Magnetresonanztomografie untersucht - die Antwort: ...mit Streicheln ihres Egos! Mit Gehirnscans konnten die Forscher eine Verbindungen zwischen allen möglichen kognitiven Aktivitäten und Hirnarealen herstellen und so Topographie und Netzwerk des Orgasmus der Frau im Gehirn erstellen. Festgestellt hatte Komisurak beispielsweise schon vor Jahren, dass selbst Frauen, die schwere Rückenmarksverletzungen hatten, bei denen also keine Signale vom Unterleib über das Rückenmark in das Gehirn gelangen konnten, trotzdem einen Orgasmus erlebten. Vermutlich ist daran der Vagusnerv, der 10. Hirnnerv, beteiligt, der über seine Verästelungen durch Hals und Brusthöhle hinab ohnehin viele Funktionen der inneren Organe steuert.

 

Für Neurowissenschaftler sind Scans mit dem Magnetresonanztomografen (MRT) zu einem beliebten Spielzeug geworden, um zu sehen, bei welchen Aktivitäten welche Gehirnareale aktiv sind sowie um ihrem großen Traum näher zu kommen, irgendwann in Zukunft hoffentlich auch Gedanken lesen zu können. Direkt kann die chemisch-elektrische Aktivität von Gehirnzellen auf diese Art freilich nicht beobachtet werden, gemessen wird mit der MRT eigentlich die Durchblutung von Gehirnarealen, wobei man annimmt, dass diejenigen stärker durchblutet und damit mit mehr Sauerstoff versorgt werden, die gerade aktiv sind.

Den Gehirnscans zufolge gleicht der weibliche Orgasmus einem epileptischen Anfall, das Hirn wird regelrecht mit Blut durchflutet. Der Neurowissenschaftler studierte, wie sich der Orgasmus bei den Frauen, die sich klitoral stimulierten, im Gehirn aufbaut, welche Areale, z.B. Hypothalamus, Amygdala, die Hirnrinden oder der Cerebellum, aktiviert werden und wie der Orgasmus wieder abflaut. Interessant ist, dass dabei das Hormon Oxytocin freigesetzt wird, das Vertrauen und Glück bewirken soll, aber auch Schmerzen dämpft. Sowohl die direkte elektrische Stimulation des Vagus-Nervs als auch der Vagina produziert bei Menschen (und Ratten) über die Freisetzung des Hormons eine Unterdrückung von Schmerzen. Komisurak hat aus seinen Erkenntnissen eine Technik des Neurofeedback entwickelt, so dass, wie er hofft, Menschen ihre Gehirnaktivität kennen lernen und verändern können: "Wir verwenden den Orgasmus als ein Mittel, um Lust herzustellen. Wenn wir lernen können, wie man die Lustzentren des Gehirns aktivieren kann, dann kann dies viele Anwendungen haben."

In einer anderen Studie konnte Komisurak wenig überraschend zeigen, dass die Stimulation der Vagina, der Klitoris oder der Brustwarzen unterschiedlich im Gehirn repräsentiert werden, also dass unterschiedliche Areale im genitalen sensorischen Kortex aktiviert werden, was (komischerweise) bislang nur beim Mann nachgewiesen worden war. Jetzt hat sein Team, wie Komisurak während der Jahrestagung der Society of Neuroscience berichtete, anhand neuer Gehirnscans einer 54-jährigen Mitarbeiterin und Sexualtherapeutin, die sich im Rahmen ihrer Promotionsarbeit selbst stimuliert hat, anhand einer fünfminütigen MRT-Aufnahme beobachtet, dass der weibliche Orgasmus das Gehirn ähnlich in Aufwallung bringt wie ein epileptischer Anfall. Anhand eines Videos lässt sich erkennen, wie die Gehirnaktivität während der Annäherung zum Orgasmus zunimmt, sonst unverbundene Areale gemeinsam aktiviert und dann wieder erlischt. Angeblich soll bei dem Orgasmus jedes Gehirnareal aktiviert worden sein.

Ausgangspunkt des Orgasmus im Hirn ist der genitale Bereich des sensorischen Kortex, der bei der Stimulation zuerst aktiv wird. Dann wird gewissermaßen das limbische System wach, das mit Gefühlen verbunden ist. Aufgrund der Muskelkontraktion werden während des Orgasmus das Cerebellum und der frontale Kortex aktiv, mit der Aktivierung des Hypothalamus wird der Botenstoff Oxytocin ausgeschüttet, wodurch der Nucleus accumbens aktiviert wird, der wiederum mit Lust und Belohnung verbunden ist.

Diese Gehirnmechanik der Sexualität, die hier ganz schön ungelenk daher kommt, macht eigentlich nichts deutlich, was wir nicht schon wüssten: Die Stimulation der Genitalien, als Simulation im Gehirn, erzeugt also Lust, die mit Gefühlen und Schmerzunempfindlichkeit/(Trance?) einhergeht und das Belohnungszentrum aktiviert, das dann als hormonellen Mehrwert auch noch Dopamin, Serotonin und derlei leckere Botenstoffe mehr ausschüttet. Weil das so geil war, binden uns die Geschenke des Nucleus accumbens dann gleich an die Sehnsucht nach einem neuerlichen Orgasmus, der hoffentlich noch geiler, noch epileptischer daher kommen wird.

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